Erweiterung des Biosphärengebiets Schwäbische Alb wird konkret

Zahlreiche Beschlüsse der Kommunen liegen vor

19 Kommunen aus den am Biosphärengebiet Schwäbische Alb beteiligten Landkreisen Alb-Donau, Esslingen und Reutlingen haben das Einbringen weiterer Flächen in das Biosphärengebiet bereits beschlossen. In weiteren drei Kommunen ist eine Erweiterung geplant und befindet sich in einem fortgeschrittenen demokratischen Abstimmungsprozess. Das von der UNESCO ausgezeichnete Biosphärengebiet Schwäbische Alb wächst damit flächenmäßig um knapp 40 Prozent auf rund 120.000 Hektar.

Insgesamt planen 22 Städte und Gemeinden weitere Flächen in das Biosphärengebiet einzubringen. Darunter sind 16 Städte und Gemeinden, die bereits anteilig im Biosphärengebiet liegen. Hinzu kommen sechs neue Kommunen, die eine Bewerbung für einen Beitritt zum Biosphärengebiet
eingereicht haben. Im Alb-Donau-Kreis sind die „Neuen“ die Kommunen Allmendingen, Blaubeuren und Rechtenstein und im Landkreis Reutlingen die Kommunen Engstingen, Hohenstein und Sonnenbühl. Das Prüfergebnis, das von einer externen Agentur vorgenommen wurde, bescheinigte ein positives Ergebnis: Sowohl die Akteure in den Kommunen als auch das bestehende Biosphärengebiet profitieren vom Beitritt der sechs neuen Kommunen. In Summe wird dadurch die Gesamtfläche des Biosphärengebiets um 40 Prozent auf rund 120.000 Hektar anwachsen. Die Bevölkerungszahl im Biosphärengebiet wird dadurch um 80 Prozent auf rund 260.000 Bürgerinnen
und Bürger ansteigen.

Für die neu hinzukommenden Akteurinnen und Akteure im Erweiterungsgebiet hat dies zahlreiche Vorteile. Beispielsweise können sie zukünftig an Projekten und Initiativen im Biosphärengebiet mitwirken und Fördermöglichkeiten des Biosphärengebiets in Anspruch nehmen. Auch für das Biosphärengebiet Schwäbische Alb führt die Erweiterung zu einem Mehrwert: So kommen nach
den aktuellen Planungen zum einen weitere naturschutzfachlich wertvolle Flächen sowie zahlreiche touristische Attraktionen, wie das Schloss Lichtenstein, der Blautopf in Blaubeuren oder die Bärenhöhle bei Sonnenbühl hinzu. Ebenso liegen zukünftig Unternehmen und Einrichtungen in der
Gebietskulisse, die beispielsweise die Vermarktung und Weiterverarbeitung von regionalen und nachhaltigen Produkten stärken. Auch mit Blick auf soziale Aspekte und Bildungsangebote sind die neu hinzukommenden Akteurinnen und Akteure ein Gewinn für das Biosphärengebiet. Damit werden nach Einschätzung der Geschäftsstelle Biosphärengebiet Schwäbische Alb die Ziele der Gebietserweiterung umfassend erfüllt: Die Schaffung eines qualitativen Mehrwerts für die nachhaltige Weiterentwicklung der Region sowie für die Akteurinnen und Akteure in den Städten und Gemeinden.
„Die Gebietserweiterung ist ein beispielhafter demokratischer Prozess von unten nach oben, bei der jede Kommunen für sich entscheiden konnte, ob sie dabei sein möchte oder nicht“, so der Lenkungskreisvorsitzende und Regierungspräsident Klaus Tappeser. Auch Achim Nagel, Leiter der
Geschäftsstelle des Biosphärengebiets misst dieser umfangreichen Beteiligung einen großen Stellenwert bei: „Im Biosphärengebiet soll nichts übergestülpt werden, sondern sowohl Chancen als auch Herausforderungen aufgezeigt und mit allen Beteiligten diskutiert werden, damit am Ende eine fundierte Entscheidung gefällt werden kann“. Für die Lösung von regionalen
Herausforderungen gibt es laut Nagel zwei Schlüssel zum Erfolg. Eine freiwillige Teilnahme an Projekten aus eigenem Antrieb und die Schaffung von Win-Win-Situationen für Mensch und Natur. Mit dieser Herangehensweise kann das Biosphärengebiet auf inzwischen über 600 erfolgreiche Modellprojekte und Initiativen zurückblicken. Darunter kleinere Förderprojekte wie die Umsetzung
von Besucherlenkungsmaßnahmen, aber auch langfristige Initiativen, wie die naturschutzorientierte Regionalmarke Albgemacht.

In 19 Kommunen liegen bereits Beschlüsse für die Erweiterung des Biosphärengebiets vor. Im Landkreis Esslingen sind dies die Gemeinden Beuren (plus 56 ha), Bissingen an der Teck (plus 109 ha), Dettingen unter Teck (plus 1.491 ha) und Weilheim/Teck (plus 447 ha). Im Landkreis Alb-Donau-Kreis haben folgende Kommunen schon Beschlüsse gefasst: Blaubeuren (neu, 2.186 ha), Ehingen (Donau) (plus 2.264 ha), Rechtenstein (neu, 377 ha) und Lauterach (plus 106 ha) bringen zusätzlich
Flächen ein. Die Beschlüsse in Allmendingen, Heroldstatt und Schelklingen stehen noch aus.
Im Landkreis Reutlingen bringen Sonnenbühl (neu, 4.025 ha), Engstingen (neu, 2.593 ha), Hohenstein (neu, 5.120 ha), Hayingen (plus 290 ha), Reutlingen (plus 3.423 ha), Lichtenstein (plus 3.172 ha), Münsingen (plus 182 ha), Zwiefalten (plus 990 ha), Gomadingen (plus 710 ha), Bad Urach (plus 53 ha) und St. Johann (plus 3.286 ha) weitere Flächen ein. In vielen Kommunen fielen die bereits gefällten Beschlüsse einstimmig aus. Damit hatte Regierungspräsident Tappeser gerechnet, auch wenn es immer wieder kritische Stimmen gab. „Mit dem Biosphärengebiet gehen mehr
Chancen einher, als Herausforderungen“, resümiert Tappeser und fügt hinzu „Dennoch wird gerade auf die Belange der Landnutzer ganz besonders eingegangen. Das Biosphärengebiet steht für einen freiwilligen und partizipativen Weg gemeinsam mit den Landnutzern.“ Eine besondere Herausforderung war die Suche nach neuen Kernzonen in heimischen Wäldern. Immerhin ist für die Erweiterung des Biosphärengebiets die Ausweisung von ca. 1.100 Hektar neuer Kernzonen erforderlich, um die wertvolle UNESCO-Anerkennung des Biosphärengebiets zu erhalten. Viele Landwirtinnen und Landwirte blicken mit Sorge auf die Zukunft. Es wird in einigen Fällen befürchtet, dass mit dem Biosphärengebiet Bewirtschaftungsauflagen einhergehen. Diese Ängste können die
Verantwortlichen nachvollziehen. Zugleich müssen etwaige künftige Einschränkungen den bestehenden Chancen des Biosphärengebiets gegenübergestellt werden. So wurden im Bereich Landwirtschaft, Vermarktung regionaler Produkte und im Bereich Wertschöpfung seit Gründung des
Biosphärengebiets 2008 sogar mehr Projekte gefördert als in den anderen Handlungsfeldern des Biosphärengebiets. Insgesamt 154 Projekte mit 1,6 Mio. Euro Fördersumme führten zu Gesamtinvestition von 4,1 Mio. Euro. Darunter z.B. Brennereianlagen, Mähtechnik zur insektenschonenden Mahd, Kühltechnik und Verkaufsautomaten.

Hinzu kommen langfristige Kooperationsprojekte wie die Regionalmarke Albgemacht, Bienenstrom oder jüngst die Erhaltung des Schlachthauses in Westerheim.

Nach dem Votum der Gemeinderäte werden die Erweiterungsplanungen im Oktober 2024 vom Lenkungskreis Biosphärengebiet Schwäbische Alb beschlossen. Im Anschluss daran folgt das rechtliche Ausweisungsverfahren für die Erweiterungsflächen. Im Laufe des kommenden Jahres soll dieses abgeschlossen werden, damit danach zeitnah die ersten Projekte in der Erweiterungskulisse begonnen werden.

Hintergrundinformationen:
Der Startschuss der Planungen zur Erweiterung des Biosphärengebiets erfolgte nach der Übergabe der UNESCO-Urkunde an Ministerpräsident Kretschmann im April 2022. Diese bescheinigte die erfolgreiche turnusgemäße Überprüfung des Biosphärengebiets und die Erneuerung der UNESCO-Anerkennung für die kommenden zehn Jahre. Die Überprüfung des bestehenden Biosphärengebiets sollte abgewartet werden, bevor eine Erweiterung geplant wird. Den konkreten Erweiterungsplanungen geht ein inzwischen fast zwei Jahre andauernder Beteiligungsprozess voraus. Im Rahmen von über 70 Infoveranstaltungen, Workshops, Gemeinderatssitzungen und weiteren Gesprächen auf kommunaler Ebene wurde über das Biosphärengebiet und die Erweiterung informiert sowie Chancen und Herausforderungen diskutiert. Durchschnittlich nahmen an jeder
Infoveranstaltung ca. 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer teil, wobei einzelnen Veranstaltungen auch bis zu 200 Personen beiwohnten.
Für die Suche von Kernzonen kamen nur Waldflächen im Eigentum der öffentlichen Hand, also keine Privatwälder in Frage. Das Thema der Kernzonen wird in der Region unterschiedlich betrachtet. Einige begrüßen diese „Urwälder von morgen“ als Fortschritt für die Erhaltung der Artenvielfalt. Von anderen wird die Ausweisung neuer Kernzonen als erforderliches Eintrittsgeld in das Biosphärengebiet oder auch mit Skepsis bis hin zur Ablehnung angesehen. So oder so, alle Bedenken werden ernst genommen und gemeinsam gelöst. Mit den bestehenden 2.645 ha Kernzonen kann zudem auf 15 Jahre Erfahrung mit Kernzonen zurückgeblickt werden. Zu den Sorgen zählen beispielsweise Einkommensverluste durch die fortan nicht mehr mögliche Holznutzung. Durch die Generierung von sogenannten Ökopunkten kann eine wirtschaftliche
Kompensation erfolgen. Kritisch begleitet wird auch das Schließen von manchen Wegen in Kernzonen. Daher fanden für jeden einzelnen Kernzonenvorschläge Workshops statt, um zu klären, welche Wege künftig noch nutzbar bleiben sollen und welche Wege geschlossen werden können.

Zu den Teilnehmenden zählten die Kommunalverwaltungen, der Schwäbische Albverein, Radwegebeauftragte der Landkreise, die Kreisforstämter, ForstBW, Naturschutzbehörden, die Bergwacht und weitere Akteurinnen und Akteure. Im Ergebnis können etablierte Wanderwege weiterhin begangen werden, ebenso wie Wege, die es zur Bewirtschaftung von Flächen braucht, die hinter einer Kernzone liegen.
Weitere Hintergrundinformationen zur Gebietserweiterung sind online unter
https://www.biosphaerengebiet-alb.de/gebietserweiterung zu finden.

Hier eine Karte der möglichen Gebietskulisse nach der Erweiterung: Karte mögliche Gebietserweiterung

 

Bildunterschrift:
Informationsveranstaltungen fanden beispielsweise in Weilheim an der Teck, Allmendingen und St. Johann zur Erweiterung des Biosphärengebiets in den interessierten Kommunen statt;
Foto: Geschäftsstelle Biosphärengebiet Schwäbische Alb

Karte:
Karte mit Mitgliedskommunen, die planen weitere Flächen in das Biosphärengebiet einzubringen sowie neue Kommunen, die einen Beitritt zum Biosphärengebiet planen.
Kartografie: Geschäftsstelle Biosphärengebiet Schwäbische Alb