Blick auf die Burg Teck am herbstlich gefärbten Albtrauf Schützen & Entwickeln
Burg Teck © Reiner Enkelmann

Historisch-kulturelles Erbe

Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb beschäftigt man sich mit der regionalen Geschichte, mit der Entwicklung der Landschaft und des kulturellen und alltäglichen Lebens, um aus früheren Zeiten Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen.
Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb zeichnet sich durch eine bedeutende Kulturlandschaft aus, die über Jahrhunderte auf verschiedene Weise geprägt und beeinflusst wurde.

Heute belegen archäologische Funde, Bauten und überlieferte Schriften die Geschichte der Städte und Gemeinden, der Natur und der Menschen. Ein wichtiges Anliegen im Biosphärengebiet ist es, das Wissen über die Vergangenheit und deren Ereignisse auf die heutige Zeit und moderne Herausforderungen zu beziehen und so aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.

Luftaufnahme des Heidengrabens
Heidengraben © Reiner Enkelmann

Erster menschlicher Einfluss

Die weltweit bekannten Funde des frühen modernen Menschen in den Höhlen in und um das Biosphärengebiet sind ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Region. Aber nicht nur die Funde der „Venus vom Hohle Fels“ oder der Flöte aus Gänsegeierknochen zeigen die Ausnahmestellung des historisch-kulturellen Erbes der Schwäbischen Alb. Auch die durchgängige Besiedlung des Gebiets seit der Bronzezeit (1500 v. Chr.) ist einzigartig.

Die ersten Einflüsse menschlichen Wirkens können für das Gebiet der Schwäbischen Alb auf die keltische Laténezeit (500 bis 50 v. Chr.) datiert werden. In dieser Zeit entstand das Oppidum Heidengraben, die größte laténezeitliche Siedlung Mitteleuropas, die heute besichtigt werden kann. 
 

Die Nutzung und Umgestaltung der Landschaft geschah zu Siedlungs- und Wirtschaftszwecken und wurde maßgeblich durch die römische Besetzung und später durch die alemannische Besiedlung im Mittelalter vorangetrieben. Dörfer und kleine Siedlungen wurden im Spätmittelalter durch Stadtgründungen umstrukturiert. Hochadelsfamilien bauten und gründeten die heute an vielen Stellen zu bewundernden Burgen und Klöster, wie die Burg Hohenneuffen und das Kloster Zwiefalten.

Um die Geschichte und ihre Besonderheiten auch heute erleben zu können, entstehen im Gebiet des ehemaligen Heidengrabens unter anderem auch mit Förderung durch das Biosphärengebiet Schwäbische Alb zwei spektakuläre Ausflugsziele:

 

  • Im Erlebnisfeld Heidengraben können Besucherinnen und Besucher Archäologie und keltische Geschichte künftig hautnah erleben. Das Gelände wird durch sanfte Eingriffe inmitten der reizvollen Landschaft sicht- und erlebbar gemacht.
  • Ein besonderes Highlight im Heidegraben ist der 6 km lange Kelten-Erlebnispfad der mit Hilfe einer multimedialen App durch die Landschaft und die Geschichte führt. Mithilfe digitaler 360-Grad Rekonstruktionen und Animationen wird die Kulturgeschichte lebendig. Das Erlebnis ist ganzjährig rund um die Uhr geöffnet und barrierefrei zu erleben.

Landnutzung

Die Geschichte der Landnutzung der Mittleren Schwäbischen Alb und ihres Vorlands ist durch eine weit zurückreichende, intensive Wechselbeziehung zwischen Mensch und Umwelt und deren stetige Veränderung gekennzeichnet.

Bis ins 19. Jahrhundert wurde die Landschaft maßgeblich durch Dreifelderwirtschaft und Beweidung genutzt. Die Art der Landnutzung ist sehr gut dokumentiert, wodurch historische Zusammenhänge zwischen dem Klima, der Landnutzung und den Ernteerträgen untersucht und auf die heutige Nutzung übertragen werden können.

historische Heuernte

Foto: Historische Heuernte © Carl Näher

Schafe grasen auf den Wiesen bei der Burg Teck
Schafe bei Burg Teck © Hans-J. Aubert

Erst später kam es zu einer Ausdehnung der landwirtschaftlichen Nutzung und Mehrfachnutzung von Flächen zur Herstellung von Lebensmitteln. Was damals als Intensivierung galt, schuf mit Wacholderheiden und Streuobstwiesen bis heute Lebensräume für seltene Tier und Pflanzenarten. Dieses menschliche Wirtschaften hat neben den negativen Folgen für die ursprünglichen, natürlichen Landschaften auch positive Effekte. Eine kleinräumig vielfältige Kulturlandschaft ist oftmals artenreich an Flora und Fauna und somit äußerst schützens- und erhaltenswert.

Industrie und Wirtschaftszweige

Die Entwicklung neuer Wirtschaftszweige ergab sich über die Jahrhunderte stets aus den Ansprüchen der Bevölkerung und der Verfügbarkeit von Flächen und Rohstoffen. 
Wichtige Wirtschafszweige auf der Schwäbischen Alb sind:

  • Pferde- und Viehzucht seit dem Spätmittelalter (u.a. auf dem Haupt- und Landesgestüt Marbach)
  • Energiegewinnung aus Wasserkraft in Mühlen
  • Die Textil- und Papierindustrie waren bedeutend bis ins 20. Jahrhundert
  • Abbau natürlicher Rohstoffvorkommen, wie Bohnerz, Sand, Torf und Steine
  • Torfabbau im Schopflocher Moor

Zeugnisse der Nutzungsformen sind heute noch erkennbar, beispielweise im Freilichtmuseum Beuren, der Baumannschen Mühle mit Trachtenmuseum aber auch im geprägten Landschaftsbild und an Ruinen und Strukturen ehemaliger Besiedlung.

Pferdegestüt MarbachGestüt Marbach © Biosphärengebiet

 

KugelmühleKugelmühle © Biosphärengebiet

Um den Industrialisierungsprozess des 19. Jahrhunderts voran zu treiben, wurden Stichbahnen in die Täler der Alb gebaut. In diesem Zuge entstand 1893 beispielsweise die Zahnradbahn Honau-Lichtenstein. Die Bahnstrecke zwischen Reutlingen und Engstingen wurde jedoch zwischen 1969 und 1994 stillgelegt und teilweise abgebaut. Heute gibt es mit dem Projekt Regional-Stadtbahn Neckar-Alb Bestrebungen, die Strecke wieder zu reaktivieren.

Adelige Herrschaft: Burgen und Klöster

Als die Adeligen und klösterlichen Grundherren im Mittelalter ihre Hochzeit erreichten, erbauten sie neben einer ausgeprägten Siedlungsstruktur mit Stadtgründungen und Straßennetzen zahlreiche Burgen und Klöster. Der Burgenbau prägte die Alblandschaft – Geologie und Relief der Alb wirkten aber auch auf den Burgenbau ein.

Möglich waren diese Bauten durch den (Stein-) Reichtum der Alb. Für die Errichtung der Bauwerke wurde neben dem Abbau von Gestein an vielen Stellen massiv in das Landschaftsbild eingegriffen, etwa durch Land- und Forstwirtschaft. Gleichzeitig florierte das geistliche und kulturelle Leben in neu gegründeten Städten wie Münsingen oder Bad Urach.

Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb finden sich bis heute rund 150 mehr oder weniger gut erhaltene Burgen, Burgstellen und Adelssitze. Alle waren zu ihrer Entstehungs- und Glanzzeit machtvolle Symbole des adeligen Herrschaftsanspruches.

Jedes Bauwerk ist einzigartig und regt mit seinen Geschichten und Sagen die Phantasie der Besucherinnen und Besucher an, etwa das Märchenschloss Lichtenstein und die Burgruine Hohenneuffen, eine der größten und bedeutendsten Festungsruinen Süddeutschlands.

Das Portal "Unsere Burgen" dokumentiert rund 90 Burgen, Ruinen, Schlösser und Bodendenkmale in den Landkreisen Reutlingen und Esslingen.

Burgen in den Landkreisen Reutlingen und Esslingen
Luftaufnahme von der Burg Hohenneuffen

Burg Hohenneuffen © Schwäbische Alb Tourismus

Luftbild von der Burgruine Sulzburg

Sulzburg © Kreisarchiv Esslingen

Die Kirche des Klosters Zwiefalten mit Blick auf den Altar

Kloster Zwiefalten © Biosphärengebiet

Luftbild vom Ermstal mit Blick auf die Burgruine Hohenwittlingen

Burgruine Hohenwittlingen © Roman Hauska

Blick auf den Bergfried der Ruine Hohenschelklingen

Burgruine Hohenschelklingen © Stadt Schelklingen

Auszug aus Burgenflyer des Biosphärengebiets
Auszug aus Burgenflyer des Biosphärengebiets © Biosphärengebiet

Förderung der Forschung zum historisch-kulturellen Erbe

Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb unterstützt den Erhalt dieses kulturellen Erbes durch zahlreiche Projekte und Förderungen. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis „Historisch kulturelles Erbe“ werden Besucherinformationen aufgearbeitet und vereinheitlicht – so etwa die einheitliche Beschilderung vieler Burgen und ein eigener Burgenflyer.

Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb unterstützt z. B. das Greifenstein-Projekt bei Forschungsvorhaben und der Information der Bevölkerung über die dabei gewonnen Erkenntnisse. Hier wird interdisziplinär geforscht: Zur mittelalterlichen Herrschaft der Greifensteiner und der Entwicklung der von diesen geprägten Kulturlandschaft im Oberen Echaztal. Es sollen Antworten gefunden werden viele Fragen: Was haben die Menschen gegessen? Welche Tiere haben sie dafür gehalten und wo waren deren Weideflächen? Wo kam das Baumaterial her und auf welchen Wege wurde es transportiert?

Um die Zusammenhänge zwischen der Zeit von Burgen und Herrschern zur Entwicklung der Kulturlandschaft besser verstehen und analysieren zu können, wurden 2017 im Zuge eines Förderprojektes des Biosphärengebietes Schwäbische Alb archäologisch-topografische Untersuchungen an 11 Burgen durchgeführt. Im Vordergrund standen dabei weitreichende Burg-Umlandbeziehungen sowie Fragen zu den Funktionen der Burgen. Anhand von Schriftquellen, altem Kartenmaterial sowie archäologischen Methoden wurde das direkte Umland verschiedener Burgen erfasst und vergleichend ausgewertet.

Weitere Informationen zum Greifenstein-Projekt

Kulturelles Erbe

Historische Kulturlandschaft ist die von Menschen in der Vergangenheit gestaltete Landschaft mit deren Strukturen und Elementen. Die Untersuchung dieser Gestaltung von Natur und Landschaft hat nicht nur Bedeutung für die moderne Landnutzung und den Umweltschutz, sondern lässt auch Rückschlüsse auf die vergangene Entwicklung des sozialen Lebens auf der Schwäbischen Alb zu. Archäologische Funde, alte Grenzstrukturen und Brunnen sind Relikte des alltäglichen und gesellschaftlichen Lebens.

Die Untersuchung dieser Zusammenhänge ist Teil verschiedener Förderprojekte des Biosphärengebietes Schwäbische Alb u.a. in Zusammenarbeit mit dem Geographischen Institut der Universität Tübingen. Hierbei konnten kleine Gebiete anhand alter Dokumente und Karten, sowie moderner Fernerkundungsmethoden ausgewertet werden. Dieses Vorgehen soll zukünftig auf das gesamte Gebiet des Biosphärengebietes angewandt werden.

Bericht zum Modellprojekt Eningen unter Achalm 2017
Bericht zum Modellprojekt Eningen-Listhof 2018
Bericht zum KuLa-Projekt Pfullingen 2019-20

Gesamtkartierung Eningen und Achalm PDF, 690.3 KB

Religionsgeschichte

Die Religionsgeschichte der Region lässt sich unter anderem im frühen reformatorischen Zentrum Reutlingen, im Peterstormuseum in Zwiefalten oder der Gedenkstätte Grafeneck erleben, in denen der Kampf um Selbstbestimmung, Religionsfreiheit und Demokratie hautnah erlebt werden kann.

Heute sehr bedeutend sind die Einrichtungen der Bruderhaus-Diakonie. Aus christlicher Überzeugung und mit der Vorstellung, dass alle Menschen mit ihren individuellen Fähigkeiten am gesellschaftlichen Leben und an Arbeitsprozessen teilhaben können, werden Einrichtungen in den Bereichen Jugend- und Altenhilfe, Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie geführt.

Der Arbeitskreis
„Historisch-kulturelles Erbe“

Der Arbeitskreis historisch-kulturelles Erbe tagt zweimal im Jahr und setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Kulturämtern, Stadt und Kreisarchiven, dem Landesamt für Denkmalpflege, der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württembergs, des Geoparks und LEADER Mittlere Alb, sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Geographie und Archäologie.

Der Arbeitskreis initiiert, begleitet und unterstützt Projekte aus dem Themenfeld historisch-kulturelles Erbe.
 

Der Arbeitskreis Historisch-kulturelles Erbe traf sich beim Kelten Erlebnispfad am Heidengraben
Der Arbeitskreis Historisch-kulturelles Erbe beim Kelten-Erlebnis-Pfad © Biosphärengebiet

Kulturelles Erbe erleben

In der Schwäbischen Museumslandschaft wird Wissen zu bestimmten Themen rund um die Landnutzungsgeschichte, Kunst und die Lebensweise früher und heute präsentiert. Bedeutende Museen sind beispielsweise das Spendhaus, das Heimatmuseum in Reutlingen und das Freilichtmuseum in Beuren.

In den Informations- und Erlebniszentren können diese Themen spielend leicht und hautnah kennengelernt werden.

Die schönsten Ausflugsziele rund um das kulturelle Erbe der Schwäbischen Alb finden Sie hier auf der Website oder auf der Website des Schwäbische Alb Tourismusverbandes:

Website des Schwäbische Alb Tourismusverbandes

Ziel des Biosphärengebietes Schwäbische Alb ist u. a. die Entwicklung einer nachhaltigen Landschaftsnutzung und Wirtschaftsweise. Aus diesem Grund soll stets ein Austausch mit der Bevölkerung stattfinden, um sie an Projektideen, deren Umsetzung und allen neuen Erkenntnissen teilhaben zu lassen.

Seit 2007 findet aus diesem Grund regelmäßig das sogenannte Albsymposion statt. Bei dieser Veranstaltungsreihe soll der Austausch von Expertinnen und Experten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Biosphärengebietes und den Bewohnerinnen und Bewohnern angeregt werden. Zuletzt wurden dabei die Themen „Geschichte der Kulturlandschaft“, „Erhalten der biologischen Vielfalt“, „Archäologie und Denkmalpflege“, „Arbeit, Biodiversität und Landschaft“ sowie „Biodiversität in der Kulturlandschaft - Grundlagen, Entwicklungen und nachhaltige Lösungsansätze zum Schutz der Artenvielfalt“ diskutiert. 

Im Biosphärengebiet gibt es eine Vielzahl an Stadt- & Volksfesten:

Uracher Schäferlauf
Sieben-Kelten-Fest in Metzingen
Nebelhöhlenfest in Sonnenbühl

Und viele mehr…

Das kulturelle Angebot im Biosphärengebiet ist vielfältig:

Konzerte des Symphonieorchesters der Württembergischen Philharmonie
Verschiedene Veranstaltungen des „Förderverein Schwäbischer Dialekt“
Feste und Veranstaltungen der Trachtenvereine, Blasorchester und Volkstheatergruppen sowie zahlreicher weiterer Vereine

Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb besteht die Chance, die vielfältigen und spannenden kulturgeschichtlichen Zusammenhänge der Alb weiter zu erforschen und in die gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft des Gebietes einzubringen.

Die Überschneidungen zu anderen Themenbereichen des Biosphärengebiets wie Landnutzung, Naturschutz, Bildung für nachhaltige Entwicklung und Tourismus bieten die Möglichkeit, neue und innovative Ansätze zur nachhaltigen Entwicklung der Modellregion Biosphärengebiet Schwäbische Alb zu entwickeln und zu erproben. 

 

Volkstheatergruppen tanzen auf einem Platz in Bad Urach
Volkstheatergruppen Bad Urach © Hans-J. Aubert

Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner

Heidrun Nübling
Heidrun Nübling

Forstwirtschaft B.Sc., Umweltwissenschaften M.Sc. 
Besucherlenkung, historisch-kulturelles Erbe und nachhaltiger Tourismus

Erreichbarkeit
ganztags:
  • Mo
  • Di
  • Mi
  • Do
  • Fr