Sechs Rangerinnen und Ranger der Geschäftsstelle Biosphärengebiet (v.l.n.r.): Insa Kleinert, Daniel Schlemonat, Carola Brumm, Florian Holzschuh, Anna-Naemi Krauß und Steffen Schretzmann © Biosphärengebiet
Sieben Geschichten aus dem Biosphärengebiet
Menschen aus dem Biosphärengebiet erzählen über ihre Arbeit, ihre Motivation und über ihren Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung
Arbeiten, wo andere Urlaub machen
Es ist noch früh am Freitagmorgen. Die Luft ist frisch, der Himmel klar. Ranger Steffen Schretzmann ist heute, zusammen mit der diesjährigen FÖJlerin Jessica, am Stöffelberg in einem seiner Streifgebiete unterwegs. Dieser Bereich ist eine Kernzone, also ein Urwald von morgen. Weitestgehend von menschlichen Einflüssen freigehalten, stellen Kernzonen ein besonderes Feld für die Forschung dar. Hier verstecken sich Forschungspunkte, an denen beobachtet wird, welche Pflanzen, Pilze, Vögel und Insekten vorkommen und wie sich ihre Artenzusammensetzung im Laufe der Zeit entwickelt. Steffen ist leise unterwegs, um keine Tiere aufzuschrecken. Er bahnt sich seinen Weg über querliegende Baumstämme und über Moospolster und überprüft die Markierung der Forschungsfläche. Auf seinem weiteren Weg gibt es heute eine besondere Überraschung: Der gestandene Ranger und Naturkenner entdeckt erstmals einen blau leuchtenden Pilz. „Der Blaue Rindenpilz mag Totholz und davon gibt es in Kernzonen reichlich! Eigentlich fühlt sich der Pilz in wärmerem Klima wohl, aber inzwischen ist er auch hier zu finden“, verrät uns der Diplom-Forstingenieur, der zuvor viele Jahre lang als Natur- und Landschaftsführer und Koordinator des NABU-Biosphärenmobils gearbeitet hat. Er macht mehrere Fotos und schickt diese an seine Ranger-Kollegin Carola. Sein weiterer Streifgang verläuft ruhig, nur der Ruf des Rotmilans ist immer wieder zu hören. Steffen nimmt sich einen Moment Zeit, den wunderbaren Ausblick über den Albtrauf einzufangen. Mit allen Sinnen. Für ihn ist es ein Privileg hier zu arbeiten, wo andere Urlaub machen.
Am südlichen Zipfel des Biosphärengebiets ist am Tag darauf Ranger Daniel Schlemonat unterwegs – aufmerksam und achtsam. Sein Weg führt ihn durch die Kernzone Glastal. Es ist ein Duft von jungem Grün in der Luft. Doch aufgepasst: Fast streift ihn ein flotter Mountainbiker auf einem für Radfahrer nicht freigegebenen Weg. Daniel reagiert schnell und spricht den Radler freundlich aber bestimmt an. „Ich fühle mich klar als Mittler zwischen Mensch und Natur“, beginnt Daniel auf Nachfrage. „In solchen Situationen versuche ich immer, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, sie aufzuklären und sie so für uns, also für den Schutz unserer Natur und der Artenvielfalt, zu gewinnen. In den meisten Fällen klappt das glücklicherweise gut, da die Leute sich ihrem Verstoß oft nicht bewusst und einsichtig sind. Aber es bedarf viel Feingefühl und manchmal auch Diplomatie“, ergänzt er mit einem vielsagenden Lächeln im Gesicht. „Schwieriger ist es, wenn wir den Menschen nicht begegnen, die beispielsweise wilde Feuerstellen anlegen oder geschützte Pflanzen ausgraben. Diese versuchen wir über unsere weiteren Tätigkeiten in unserem Beruf als Ranger zu erreichen. So vielfältig und dynamisch wie unsere Natur, ist auch unser Job als Ranger“, fasst der gelernte Forstwirtschaftsmeister treffend zusammen.
Den Sonntag hat Daniel sich für sich und seine Familie freigehalten. Zum Glück kennt er noch ruhige Orte im Grünen, an denen sie ganz alleine sind.
Montags ist Bürotag. Carola Brumm sitzt konzentriert am Schreibtisch, neben ihr ein Bestimmungsbuch und einige Tierexponate. Sie erstellt auf Instagram einen Post zum Rindenpilz. „Neben den typischen Aufgaben als Rangerin bin ich für die digitalen Rangeraufgaben zuständig. Dazu gehört auch, z. B. in Social Media über unsere Arbeit und unsere Entdeckungen zu informieren. Es ist schön zu sehen, dass sich viele unserer Followerinnen und Follower für die Artenvielfalt in unserem Gebiet interessieren und auf Insta Rückmeldungen geben“, berichtet Carola mit sympathischem Schwäbeln. Auch wenn sie lieber mit ihren beiden Hunden im Streifgebiet unterwegs ist, als am PC zu arbeiten, was sie schon während ihres Naturraum- und Regionalmanagement Studiums bemerkte, ergänzt sie: „Schließlich zielt unsere Arbeit insgesamt darauf ab, wertvolle Lebensräume zu schützen. Und das können wir ja nicht alleine und auch nicht durch den Bau von Barrieren an kritischen Stellen. Wir wollen ja Verbündete gewinnen, die unsere Idee verstehen und weitertragen. Deshalb ist es wichtig, die Bevölkerung und Gäste über verschiedene Wege, auch digital, zu sensibilisieren, nachzufragen, anzubieten, anzuklopfen… Und das macht unsere Arbeit abwechslungsreich und spannend, genau wie unser Gebiet selbst ist. Ich liebe unsere Region – die unterschiedlichen Lebensräume und den Reichtum an Tieren und Pflanzen die darin vorkommen. Für mich ist das ein Geschenk. Es gibt für mich kaum Schöneres als den Duft aus würzigen Kräutern, Erde, Holz und Pilzen an einem warmen Sommertag“, gerät Carola ins Schwärmen.
Da kommt Florian Holzschuh ins Büro. Er ist gelernter Forstwirt und hat eigentlich immer ein Lachen im Gesicht. Mit einer Mischung aus Besorgnis und Erleichterung berichtet er, wie er vergangene Woche bei der Gebietsstreife nach ein paar netten Gesprächen mit Besuchenden, einen in einer Schnur verstrickten Biber befreit hat. „Der ist aus der Nähe größer als gedacht“, berichtet er. Dann klingelt sein Telefon. Am Apparat ist eine Journalistin. Flo wird sie Ende der Woche auf einer Etappe der Mehrtagestouren „WanderMahl“ begleiten. Daraus wird ein kleiner Infofilm entstehen. „Es macht Spaß, ab und zu auch solche Aufgaben zu übernehmen“, erklärt Flo mit Vorfreude. „Dadurch, durch unsere unverkennbare Kleidung und auch durch unsere facebook Reihe „Ranger on Tour“ sind wir nach außen schon ein wenig die Gesichter des Gebiets geworden“, freut sich Flo. Auch er ist sichtlich verliebt in seine Heimat – zurecht.
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Die Ranger-Kolleginnen Anna-Naemi Krauß und Insa Kleinert sind heute unterwegs nach Esslingen. Dort treffen sie die beiden Esslinger Ranger Martin Gienger und Steffen Wachter. Gemeinsam bereiten die vier eine Veranstaltung für die Junior Ranger vor. Anna ist gelernte Erzieherin und Natur- und Wildnispädagogin. Und dazu hat sie noch den Bachelor im Bereich Nachhaltiges Regionalmanagement absolviert. Insa ist von Beruf Erzieherin und Waldpädagogin. Beste Voraussetzungen also für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. „Es macht uns Freude, gemeinsam mit Kindern unterwegs zu sein“, freuen sich Anna und Insa schon auf die bevorstehende Veranstaltung. „Es ist so vielseitig und schön hier und es gibt so viel zu entdecken. Mit Kindern unterwegs zu sein, ist immer anders und neu. Sie staunen über die Wunder der Natur, lassen sich für Dinge begeistern und halten nichts für unmöglich. Mit ihnen zu arbeiten, ist für uns die Mitgestaltung unserer Zukunft.“ Und als Rangerinnen haben Anna und Insa zum Glück ganz viele Möglichkeiten dazu: Bei Besuchen in Biosphärenschulen- und kindergärten oder bei der Leitung von Bildungsprogrammen des Biosphärenzentrums.
Durch das geöffnete Fenster erklingt munteres Vogelzwitschern. Anna freut sich. Auf die Frage, wieso ihr der Erhalt der Biodiversität so am Herzen liegt, entgegnet sie: „Vielfalt macht alles bunt und reich – und glücklich.“
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